Xxv. §. 12. Die Kämpfe der Gegenwart. 651
Rußland auf empfindliche Weise fühlen, daß er ihn nicht für seines
Gleichen achte. Napoleon, der zur Befestigung seiner Stellung und
zur Befriedigung des Heers nothwendig einen Krieg führen und Krie-
gerischen Ruhm erwerben mußte, beschloß deshalb, feine Waffen zuerst
gegen Rußland zu wenden. Er wußte die Eifersucht, die längst zwi-
schen der größten Landmacht (Rußland) und der größten Seemacht
(England) schon bestanden hatte, zu reizen und zu verschärfen, um im
Bunde mit England und, wie er hoffte, auch mit Deutschland seinen
Kriegszug zu beginnen. Es handelte sich zunächst um die Türkei,
welche sichtlich ihrer Auflösung entgegenging, und über deren künftige
Theilung sich Rußland und England nicht verständigen konnten.
Die Frage hätte noch geraume Zeit unausgemacht bleiben können.
Aber jetzt brachte es Napoleon durch eine Reihe wohl angelegter
Aufreizungen dahin, daß zwischen Russen und Türken ein Krieg aus-
brach, und sogleich eilte die vereinigte französische und englische Flotte
in's schwarze Meer (1854 Frühjahr), um „die Türkei gegen Ruß-
lands Vergewaltigung zu schützen". Oe streich schien es mit ihnen
halten und ebenfalls den Krieg an Rußland erklären zu wollen, und
machte auch immerfort sehr drohende Bewegungen gegen den gewal-
tigen Nachbar, der sich erst wenige Jahre vorher so hülfreich bei der
Ueberwältigung des Aufruhrs in Ungarn erwiesen hatte. Es löste
den heiligen Bund der drei östlichen Großmächte und schloß sich den
Westmächten an, erklärte sich für die Türken und für die napoleoni-
sche Volkssouveränetät. Dazu war aber der edle und christliche Fürst
auf Preußens Throne nicht zu bewegen. Mochten sie ihn locken
oder bedrohen, mochten die Liberalen aus allen Seiten ein wüthendes
Geschrei erheben und die feilen Zeitungen ihn mit Koth und Unflath
bewerfen, er blieb fest in seiner alten Freundschaft mit seinem Schwa-
ger Nico laus in Rußland, und ob er ihn gleich nicht unterstützen
konnte, ohne über sein eignes Volk ein schweres Unglück herbeizuzie-
hen, so hinderte er doch durch seine friedliche Beharrlichkeit jede wei-
tere Ausbreitung des Krieges und deckte Rußland die Seite. Da
konnten denn auch die Flotten nicht viel ausrichten; in der Ostsee gar
nichts, und im schwarzen Meere, wo sie ein gewaltiges Landheer nach
der Krimm gebracht hatten, lagerten sie ein ganzes Jahr vor einer
einzigen Festung. Da erkannte Napoleon bald, daß hier kein groß-
ßer Ruhm zu gewinnen sei, und sobald er es nur mit Ehren konnte,
sobald endlich eine Hälfte von Sebastopol glücklich erstürmt war, zeigte
er sich geneigt zum Frieden. In Rußland war aber inzwischen ein
Thronwechsel erfolgt, der auch dort den Friedensgedanken Eingang
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Koth Nico Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: England England Deutschland England Ungarn Ostsee Sebastopol
Xix. §. 14. Einbruch der Normannen in die christliche Kirche. Z51
nun auch mit den germanischen Dänen und Normannen. Nur
mit dem Unterschiede, daß während jene frühesten Stämme alle zu
Lande sich hineingedrängt hatten, diese letzteren als echte Kinder des
Meeres, Seeräuber und Freibeuter, sich allesammt zu Schiffe setzten
und wo irgend eine christliche Küste ihnen offen stand, wo ein
schiffbarer Strom sie zu reichen Städten, Kirchen oder Abteien führte,
wo ein fruchtbares Ufergebiet ihnen reiche Ausbeute versprach, da so-
fort erschienen wie aus dem Meer entstiegene, wie vom Sturmwind
plötzlich herbeigeführte Heuschreckenschwärme, die Alles plünderten, ver-
heerten, verbrannten, was ihre kecken Hände nur zu erreichen ver-
mochten, und mit großer Beute beladen und vielen Gefangenen in ihre
arme, kalte, unwirthliche Heimath zurückkehrten. So drangen sie ein
in die Ströme Englands, Frankreichs, ja selbst Spaniens und Ita-
liens und plünderten mit demselben ungestraften Uebermuth (denn das
früher unter Karl dem Großen so gewaltige Frankreich war unter
seinen Nachfolgern wehrlos jedem kühnen Feinde preisgegeben) Ham-
burg an der Elbe und Toulouse an der Garonne, Paris und London,
Köln am Rhein und Lissabon am Tajo, ja sie wagten sich sogar vor
Rom und Constantinopel. Den meisten dieser schrecklichen Seekönige,
die einen ungeheuren Jammer über das gesammte Frankenreich verbrei-
teten, kam es freilich nur darauf an, zu rauben und sich einen berühm-
ten Namen zu machen. Aber etliche hatten es ausdrücklich auf Land-
besitz abgesehen. Dem tapfern angelsächsischen König von England
Alfred dem Großen (871—901) und seinen Nachfolgern trotzten sie
große Stücke des englischen Bodens ab, ja eine geraume Zeit (wäh-
rend der ersten Hälfte deö Ii. Jahrhunderts) waren Dänen die Be-
herrscher Englands, dänische Könige saßen auf dem englischen Thron
und traten hier mit ihrem ganzen Volk zum Christenthum über.
Schon viel früher, schon seit 815 hatten sich normannische Heer-
führer im nördlichen Frankreich festgesetzt und da die schwachen Ka-
rolinger sie nicht wieder zu vertreiben vermochten, so mußten sie ihnen
endlich die ganze Bretagne und Normandie abtreten (912). Auch
diese traten sofort mit allen ihren Leuten zum Christenthum über.
Von diesem Punkt aus breiteten sich die kühnen Seehelden weiter
nach zwei Seiten hin aus: nach Sicilien und Unter-Italien und nach
Britannien. Sicilien gewannen sie aus den Händen ver Araber,
Griechen und Longobarden, die sich darum stritten und Robert
Guiscard gründete ein herrliches Normannenreich au diesem süd-
lichsten Punkt Europa's (1032). Ein anderer Eroberungszug ging
von der Normandie nach der Küste Englands hinüber, wo die Sach-
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Extrahierte Personennamen: Karl Robert
Guiscard
Extrahierte Ortsnamen: Englands Frankreichs Spaniens Frankreich Toulouse Paris London Rhein Lissabon Constantinopel Englands Frankreich Sicilien Britannien Englands